Neues aus der Forschung 
Übergabe der restaurierten und entzifferten Schreibtäfelchen im Albanologischen Studienzentrum, 22. Juli 2014. Rechts: Generaldirektor Prof. Dr. Ardian Marashi (Qendra e Studimeve Albanologjike), Christiane Wolters (Deutsche Botschaft), Dr. Sabina Eda (Qendra e Studimeve Albanologjike). Links: Dr. Eduard Shehi (Qendra e Studimeve Albanologjike), Dr. Markus Scholz (RGZM), Dr. Bashkim Lahi (Qendra e Studimeve Albanologjike). Foto: Eda Andoni (Tirana)

Fünf elfenbeinerne Schreibtäfelchen mit teilweise abgeplatztem Wachsauftrag und Inschriften aus Dürres (Albanien). Foto: RGZM / S. Steidl

Fünf elfenbeinerne Schreibtäfelchen mit teilweise abgeplatztem Wachsauftrag und Inschriften aus Dürres (Albanien). Foto: RGZM / S. Steidl

Fünf elfenbeinerne Schreibtäfelchen mit teilweise abgeplatztem Wachsauftrag und Inschriften aus Dürres (Albanien). Foto: RGZM / S. Steidl



Geschäfte einer Toten

Im römischen Gräberfeld der antiken Hafenstadt Dyrrhachium (heute Durrës, Albanien) kam eine außergewöhnliche Grabbeigabe zutage: ein aus fünf kleinen Schreibtäfelchen bestehendes Polyptychon, eine Art Notizbuch. Der „Gussbeton“ (opus caementitium) eines Grabbaufundaments umschloss ein Steingefäß, das wiederum eine intakte Glasurne barg. Diese war bei der Auffindung noch mit einer dunklen Flüssigkeit (Wein?) gefüllt. Auf diese Weise luftdicht versiegelt und geschützt, konnten sich in der Urne neben dem Leichenbrand auch organische Beigaben erhalten. Die Erhaltungsbedingungen waren so gut, dass sogar große Teile der schwarzen Wachsbeschichtungen der aus Elfenbein geschnitzten Täfelchen, also deren eigentliche Schreiboberflächen, die Zeiten überdauerten. Ein solcher Fund ist in Europa einzigartig.

Beim Trocknen hatte sich das Elfenbein jedoch verzogen, so dass der dünne Wachsfilm mit den Schriftresten abplatzte. Auf Initiative von Dr. Eduard Shehi sowie dank der Vermittlung von Dr. Bashkim Lahi (beide Qendra e Studimeve Albanologjike / Albanologisches Studienzentrum) und Prof. Dr. Henner von Hesberg (Deutsches Archäologisches Institut Rom) kam das antike Notizbuch ins RGZM. Hier wurde es in enger Zusammenarbeit zwischen Werkstatt und Wissenschaft restauriert und entziffert: beim Puzzeln der Wachssplitter halfen nicht nur die Schriftreste, sondern auch die Rückseitenstrukturen. Umgekehrt trug die Rekonstruktion einzelner Wörter aus dem Sinnzusammenhang zur Identifizierung anpassender Bruchstücke bei (Roswitha Goedecker-Ciolek und Dr. Markus Scholz).

Der Inhalt der lateinischen Botschaften aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. war einigermaßen überraschend: Statt eines erwarteten Gebets oder des Ehevertrags sind in dem kleinen, aber feinen Notizbüchlein die Schulden verschiedener Debitoren verzeichnet. Die Namen der Schuldner, Fälligkeitsdaten (Monat und Tag) und die in Denaren (Silbermünzen) berechneten Summen wurden abschnittsweise aufgelistet. Die Merkmale der Handschrift lassen auf einen einzigen Schreiber schließen bzw. auf eine Schreiberin, denn die Ausstattung des Grabes ist typisch für eine Frau. Wollte die Dame noch im Jenseits ausstehende Schulden eintreiben? Der entzifferte Inhalt der Urkunde in ihrem Fundkontext eröffnet nun neue Einsichten in antike Jenseitsvorstellungen wie auch in die Rolle der Frau im „Business“ der Römerzeit.

Am 22. Juli 2014 wurde das fertig restaurierte und entzifferte Schriftdokument im Beisein einer Vertreterin der Deutschen Botschaft dem Albanischen Archäologischen Institut in Tirana feierlich überreicht.

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